Biobasierte Kunststoffe
Auszug aus
Kunststofftechnik
10/2016, 528 Seiten, € 49,00ISBN: 978-3-446-44674-8
S.439 - 443
„Biobasiert“ ist eine Werkstoff- und zugleich eine Produkteigenschaft. Sie beschreibt, dass die Kohlenstoffatome – im Gegensatz zu fossilen – in unserer Zeit aus der Natur entnommen, also „bio“ sind. Biobasierte Kunststoffe können vollständig oder teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen.
Biobasierte Polymere findet man teilweise in der Natur; sie werden großtechnisch aus Kohlenhydraten gewonnen: Zucker, Stärke, Proteine, Cellulose, Lignine, Fette und Pflanzenöle. Beispiele für kommerziell verfügbare, biobasierte Kunststoffe sind Polylactid (PLA), die Gruppe der Polyhydroxyalkanoate (PHA), Cellulosederivate wie Celluloseester (CA) und Cellulosebutyrat (CAB) sowie auch Stärkederivate.
Dazu gehört aber auch z.B. Bio-Polyethylen, das in Brasilien aus Bioalkohol hergestellt wird, der aus Zuckerrohr gewonnen wird. Das Bio-Polyethylen der brasilianischen Braskem besteht vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen. Es hat dieselben Eigenschaften wie herkömmliches Polyethylen, ist aber keineswegs biologisch abbaubar.
Fossile versus nachwachsende Rohstoffe
Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe kann wegen des geringeren Carbon Footprints zu einer höheren Nachhaltigkeit der Kunststoffe führen. Obwohl fossile Ressourcen natürlich sind, sind sie nicht nachwachsend und werden nicht als Basis biobasierter Kunststoffe angesehen. Ein weiterer Grund, nachwachsende Rohstoffe einzusetzen, ist die Verknappung von Erdöl. Seit ca. 2006 werden weniger neue Ölvorkommen gefunden als alte versiegen.
Der gesellschaftliche Nutzen biobasierter Kunststoffe liegt darin, für die Zeit „nach dem Erdöl“ zu sorgen. Zum einen werden weniger fossile Kohlenwasserstoffe verwendet und damit weniger Jahrmillionen gebundenes CO2 in die Atmosphäre eingebracht. Zum anderen wird die Unabhängigkeit von immer knapper werdenden fossilen Rohstoffen vorangetrieben. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Kunststoffindustrie trotz zunehmendem Einsatz nachwachsender Rohstoffen nur einen geringen Beitrag zur Ölschonung leisten kann. Denn Erdöl wird nur zu wenigen Prozent zur Herstellung von Kunststoffen eingesetzt.
Lebensmittelknappheit
Befürchtungen, Lebensmittelknappheiten würden durch Nutzung der Kohlenhydrate für Biokunststoffe entstehen, sind laut Christian Bonten unbegründet. Hier werde die Tatsache, dass der Weltenergiebedarf nicht mit pflanzlichen Kohlenstoffquellen gedeckt werden kann, verwechselt mit dem weit geringeren Bedarf an Kohlenhydraten, um Kunststoffe herzustellen. Um sämtliche Kunststoffe auf Basis von Biomasse herzustellen, würde man seiner Einschätzung zufolge nur 5% der gesamten Nutzagrarfläche benötigen.
Es gibt Quellen, die errechnet haben, dass sogar die brachliegenden Ackerflächen in Europa für dessen gesamten Kunststoffbedarf ausreichen würden. Stimmt das, stünden wir laut Bonten vor einem Erfolgsmodell, unsere Landwirtschaft subventionsfrei und voll ausgelastet betreiben zu können. Der Leiter des Instituts für Kunststofftechnik der Universität Stuttgart weist zudem darauf hin, dass bei all den Berechnungen vergessen wird, dass die Meere voller Kohlenhydrate in Form von Algen sind. Deren Trocknung ist lediglich derzeit zu unwirtschaftlich. (me)
Mediathek
[1] R. Essel: „Biobasierte Kunststoffe – Eine ökologische Alternative?“, Kunststoffe 08/2012
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