Direktgekühlter Elektromotor aus Kunststoff
Neuartiges Kühlkonzept bringt Polymere ins Spiel
Sollen Elektroautos leichter werden, muss auch der Motor abspecken. Beispielsweise, indem man ihn aus faserverstärkten Kunststoffen herstellt. Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT entwickeln gemeinsam mit dem Karlsruher Institut für Technologie KIT ein neues Kühlkonzept, das den Einsatz von Kunststoffen als Gehäusematerial ermöglicht. Ein weiterer Vorteil des Konzepts: Die Leistungsdichte und Effizienz des Antriebs werden gegenüber dem Stand der Technik deutlich erhöht.
Im Kooperationsprojekt DEmiL (Direktgekühlter Elektromotor mit integralem Leichtbaugehäuse) entwickelt das Fraunhofer ICT in Pfinztal gemeinsam mit dem Elektrotechnischen Institut und dem Institut für Fahrzeugsystemtechnik des KIT ein neuartiges Konzept, das sich durch die direkte Kühlung von Stator und Rotor auszeichnet. Im feststehenden Stator befinden sich gewickelte Kupferdrähte, durch die Strom fließt. Hier entsteht ein Großteil der elektrischen Verluste. „Die eigentliche Innovation unseres Konzepts liegt im Stator“, sagt Robert Maertens, Wissenschaftler am Fraunhofer ICT.
Flachdraht ersetzt Runddraht
Elektromotoren haben einen hohen Wirkungsgrad von über 90%. Somit wird ein hoher Teil der elektrischen in mechanische Leistung umgesetzt. Die verbleibenden etwa 10% der elektrischen Leistung fallen als Wärme an. Damit sich der Motor nicht überhitzt, wird die Wärme im Stator bislang durch ein metallisches Gehäuse zu einem Kühlmantel mit kaltem Wasser abgeleitet.
Die Forscherteams ersetzen den Runddraht nun durch rechteckigen Flachdraht, den man enger auf den Stator wickeln kann. Dadurch entsteht mehr Raum für den angrenzenden, neben den Flachdrähten liegenden Kühlkanal, so dass die Verlustwärme durch den innenliegenden Kühlkanal abgeführt werden kann. Sie muss nicht mehr durch das Metallgehäuse nach außen zu einem Kühlmantel transportiert werden.
„In der Folge fällt die thermische Trägheit geringer aus, und zusätzlich erreicht der Motor eine höhere Dauerleistung“, erläutert der Forscher den Vorteil des neuen Wirkprinzips. Darüber hinaus lässt sich durch eine Kühlung des Rotors dessen Verlustwärme ebenfalls im Motor abführen.
Kunststoff bringt weitere Vorteile
Da die Wärme dort abgeleitet wird, wo sie entsteht, können die Projektpartner den kompletten Motor und das Gehäuse in Kunststoffbauweise ausführen und damit weitere Vorteile realisieren. „Auch komplexe Geometrien sind ohne Nachbearbeitung möglich, sodass wir in Summe einiges an Gewicht und Kosten einsparen“, so Maertens. Das bisher als Wärmeleiter erforderliche Metall lässt sich durch – eher schlecht wärmeleitenden – Kunststoff ersetzen.
Die Projektpartner setzen auf faserverstärkte, duromere Kunststoffe , die sich durch eine hohe Temperaturbeständigkeit sowie eine hohe Beständigkeit gegenüber den aggressiven Kühlmitteln auszeichnen. Anders als Thermoplaste quellen sie nicht auf, wenn sie mit Chemikalien in Berührung kommen.
Großserientauglich ausgelegt
Das Kunststoffgehäuse wird im automatisierbaren Spritzgießverfahren hergestellt, in einer Zykluszeit von vier Minuten für die Prototypen. Die Statoren selbst werden im Transfer-Molding-Verfahren mit einer wärmeleitfähigen Epoxidharz-Formmasse umspritzt. Das Forscherteam hat den Elektromotor hinsichtlich seiner Konstruktion und der Herstellungsprozesse so ausgelegt, dass er sich in Großserie produzieren lässt.
Inzwischen ist der Statoraufbau abgeschlossen, das Kühlkonzept wurde experimentell validiert, indem mit Strom die Wärmemenge in die Kupferwicklungen einbrachte, die laut einer Simulation im Realbetrieb anfällt.
„Wir konnten zeigen, dass wir bereits in der Lage sind, mehr als 80 Prozent der erwarteten Verlustleistung herauszukühlen“, resümiert Maertens den Stand des Projekts. Auch für die verbleibenden knapp 20 Prozent gebe es schon Ansätze, beispielsweise durch eine Optimierung der Kühlwasserströmung. Derzeit werden die Rotoren aufgebaut, sodass die Forscher den Motor in Kürze auf dem Prüfstand des Elektrotechnischen Instituts betreiben und im Realbetrieb validieren können. (kk)
Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT
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